Arbeitslos, beziehungslos, nutzlos...
Intelligente Computersysteme und virtuelle Welten
bedrohen die Grundlagen unserer Existenz
Essay von Hans E. Ulrich
Könnte es sein, dass Maschinen so intelligent wie
Menschen werden? Könnte es sein, dass Arbeit in Zukunft fast
ausschließlich nur von Maschinen erledigt wird und damit Menschen überflüssig
werden? Könnte es sein, dass diese Entwicklung so schnell über
uns hereinbricht, dass unsere Gesellschaft sich darauf nicht vorbereiten kann
und eines nicht fernen Tages dem Untergang geweiht ist?
Klar, die Menschheit stand schon öfter am
Rande des Abgrundes so wie das Leben überhaupt. Damals zum
Beispiel als die Saurier und die meisten Lebewesen durch wen oder was
auch immer ausgerottet wurden. Zu Zeiten von Pest und Pocken oder immer
noch aktuell durch einen globalen Atomkrieg. Aber diesmal ist es
gefährlicher, um nicht zu sagen, endgültiger.
Sicherlich wird der Mensch nicht gewalttätig
ausgelöscht, aber er wird einfach
überflüssig. Nutzlos, arbeitslos, kinderlos, einfach
sinnlos. Niemand wird ihm das Messer an die Kehle setzen, keiner wird
ihm die Hand abhacken, verletzen, vergewaltigen, töten. Im
Gegenteil: Es wird ihm scheinbar immer besser gehen. Aber etwas
Überflüssiges hat kein Anrecht auf Leben. Es wird
aussortiert und seinem Schicksal überlassen. Vielleicht werden
wir eines Tages im Museum ausgestellt. Wir, die Menschen, die
Dinosaurier der Neuzeit.
Schöne neue Welt
Ist es nicht schön, dass wir, statt
unsere kostbare Zeit mit der Suche nach Essbarem auf dem Weg zum
Supermarkt verschwenden, dies mit einigen Klicks übers
Internet erledigen können? Oder dass es vorbei damit ist, dass
wir uns mühselig als Jugendliche in der Disco
volldröhnen lassen müssen, damit wir die Chance auf
ein Date bekommen und dies jetzt ebenfalls per Maus erledigen; chatten,
was das Zeug hält; in Second Life mal kurz an die deutsche
Strandbar fliegen, um unverbindlich eine vermeintliche jugendliche
Attraktion anzumachen oder sich anmachen zu lassen. Man kann ja mit dem
berühmten Klick auch ganz einfach verschwinden, ohne rot zu
werden. Klasse!
Ohne Frage, das hat etwas. Diese technischen
Errungenschaften der neuesten Neuzeit sind super interessant,
erleichtern vieles und verändern uns komplett.
Das Dumme ist nur, dass die Abhängigkeit von der Technik
ständig zunimmt, ohne dass wir es richtig bemerken bzw.
bemerken wollen. Warum auch?
Wenn ich mit meinem Handy jederzeit erreichbar
bin, jeden fast überall erreichen könnte, wenn er das
will, ist das nicht toll? Klar ist das toll, doch was passiert, wenn es
einmal streikt oder wenn der Computer nicht läuft? Bricht dann
nicht jetzt schon für viele eine Welt zusammen, in der wir nur
noch Mitspieler sind? Bekommen diese technischen Erfindungen nicht
schon längst eine Eigendynamik, die sie allmählich
zum Herrscher machen?
Handy, Internet. Worüber reden wir eigentlich. Das sind doch
Dinge, die wir noch locker bewältigen können. Aber
was kommt auf uns zu?
Nimmt die Geschwindigkeit der technischen
Innovationen nicht ständig zu? Wer kann sich denn noch daran
erinnern, dass Texte wie diese auf einer Schreibmaschine geschrieben
wurden?
Schreibmaschinen, gibt’s die überhaupt noch? Zu
Beginn des vergangenen Jahrhunderts noch der große Schrei,
erst seit ca. 15-20 Jahren aus der Mode gekommen bzw. durch den PC
abgelöst, sind wirklich nur noch im Museum zu finden. Vor zehn
Jahren mussten wissenschaftliche Texte mühselig noch in
Bibliotheken gesammelt und ausgewertet werden, heute wird per
Knopfdruck das Wissen der Welt in Erfahrung gebracht.
Und was wird es in den nächsten Jahren
geben?
Gedankenlesen und mit Gedanken Maschinen steuern,
ist bereits erfunden. Wie schnell werden wir Produkte an der Hand
haben, die unsere Vorstellungswelt direkt steuern, ohne Umweg
über die Sinne? Also eine Art Traummaschine, die uns alle
denkbaren und heute noch undenkbaren Erlebnisinhalte vermitteln kann,
ohne dass wir uns auch nur einen Fußbreit bewegen
müssen?
Wer sieht sie denn nicht schon auf ihren Pritschen in
sargähnlichen Kammern liegend, mit verzückten
Grimassen den inneren Bildern lauschend, auf abenteuerlicher
Entdeckungsreise mit römischen Soldaten um die Gunst der
Kaisertochter fechtend, ins ferne All sich katapultieren lassen, um
fremde Lebensformen zu entdecken und beherrschen zu können,
erotische Phantasien als Haremsherrscher auszugestalten und ausleben zu
können, in einer Perfektion wie es kein Kinofilm und nicht
einmal die Wirklichkeit jemals bieten könnten.
Wer glaubt denn, das dass noch weit weg ist oder dass nur wenige sich
an den elektronischen Erlebnissen ergötzen werden?
Wie viele Stunden wird heute durchschnittlich
Fernsehen geguckt? 3 Stunden, 5 Stunden, dazu noch Internet und
PC-Spiele. Der Magie der elektronischen Zauberwelten wird kaum jemand
auf Dauer widerstehen.
Warum auch? Wir werden Zeit ohne Ende haben, weil uns immer
leistungsfähigere Computer ganz einfach die Arbeit wegnehmen.
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