Arbeitslos, beziehungslos, nutzlos...
Essay von Hans E. Ulrich
Biotechnologie
Nehmen wir
zum Beispiel die Biotechnologie. Mit
ihrer Hilfe ergeben sich in der Medizinforschung immer weitreichendere
Erkenntnisse. Pluripotente Stammzellen bieten die Chance, für
jeden erdenklichen Zweck, die passenden Zellen zu erzeugen. Nicht nur
wie schon heute Hautzellen, die es erlauben, körpereigene Haut
zu züchten und als Ersatz für fehlende oder kranke
Hautflächen eingesetzt zu werden. Nein, für die
kranke Leber wie auch für das altersschwache Herz. Dabei kann
in absehbarer Zeit darauf verzichtet werden, die erkrankten oder
auszutauschenden Organe zu operieren. Gesunde Zellen ersetzen die
kranken oder alten Zellen, indem diese über einen bestimmten
Zeitraum nach der Injektion der neuen Zellen einfach abgebaut werden
(Kurzweil, S. 223). Klingt phantastisch, aber möglich, sogar
wahrscheinlich.
Viel früher, schon in einigen Jahren,
werden wir übrigens Fleisch satt haben. Steaks gibt es dann
nicht mehr beim Fleischer, der zuvor die schlachtreifen Kühe
und Schweine angekauft und zerlegt hat, sondern aus der Fleischfabrik.
Dort werden die saftigsten Steaks einfach biotechnologisch erzeugt,
ohne den kostspieligen Umweg über die Tierzucht und ohne
Abfall (Kurzweil, 224). Was das wieder für die Land- und
Viehwirtschaft bedeutet in aller Welt, kann man sich ausmalen
Nanotechnologie
Neben der Biotechnologie ist es vor allem auch die
Nanotechnologie, die unser zukünftiges Leben radikal
beeinflussen wird. Nicht nur, dass schon heute Putzen wesentlich
leichter geworden ist, weil es Nanowischtücher und Nanolack
gibt, die dazu beitragen, dass Staub und Dreck an den
geglätteten Oberflächen nicht mehr haften bleibt. Die
Nanotechnik operiert im Bereich von Molekülen und Atomen, d.h.
mit ihrer Hilfe ist es grundsätzlich möglich, Stoffe
jeder Art nachzubauen, zu vervielfältigen und sogar komplexe
Systeme zu erzeugen, wenn der Bauplan bekannt ist. Manche
träumen von sogenannten Assemblern, die bald (?) in jedem
Haushalt stehen könnten, so wie bisher der
Kühlschrank oder die Waschmaschine, mit denen sich die
Produkte, wie z.B. Teller, Tassen oder das Besteck, herstellen lassen,
indem ein „graues Nanopulver“ als Basismaterial
hineingeschüttet wird und die selbstgefertigten Produkte, auch
auf Wunsch individuell designed, dabei herauskommen. (Die Zeit
49/2004). Und was für Haushaltsgegenstände gilt, gilt
natürlich auch fürs Essen. Die Steaks werden dann mit
dem gleichen Gerät hergestellt wie auch das Obst oder das
Gemüse. Natürlich alles bestens frisch und von 1a
geschmacklicher Qualität.
Aber eigentlich brauchen wir das in Zukunft alles
gar nicht mehr. Wofür brauchen wir eigentlich noch einen
Magen, das Verdauungssystem als Ganzes, Leben, Niere, Darm und das
alles. In unserem zukünftigen Körper kann auf Vieles
verzichtet werden dank dem Einsatz von Milliarden Nanobots, kleinen
beweglichen Mikrochips, die im Blut, und womöglich auch in den
Körperzellen zum Einsatz kommen. Sie führen die
wirklich notwendigen Nahrungsstoffe wie Kohlenhydrate, Vitamine,
Eiweiße direkt an die verbrauchende Stelle wie Muskelzellen
oder Nervenzellen und nehmen den Müll gleich wieder mit bzw.
wandeln ihn nach dem Muster des Direkt-Recyclings an Ort und Stelle in
harmlose oder brauchbare Stoffe um. Auf den Appetit und den Geschmack
eines leckeren Essens braucht im Übrigen niemand zu
verzichten. Das wird über die künstliche Anregung von
entsprechenden Sensoren und Rezeptoren im Gehirn geregelt, d.h. wir
werden denken und fühlen, dass wir an einem grandiosen Essen
teilnehmen. Real passiert nichts.
Im
Prinzip brauchen wir dann auch kein Herz und keine Lunge mehr. Blut,
dass endlos durch die Venen kreist, ist ebenfalls
überflüssig. Die Nanobots haben eigene
Antriebssysteme, mit dem sie den Sauerstoff transportieren,
wofür dann noch atmen? Ist alles zu mühselig und zu
anfällig. Am Ende bleibt nur noch eine Hülle
übrig, die allenfalls äußerlich mit dem
Menschen von heute etwas zu tun hat.
Schöne, neue Welt? Wir werden uns,
gelinde gesagt, etwas umstellen müssen. Aber was
heißt hier müssen. Niemand wird voraussichtlich dazu
gezwungen, die Innovationen der nächsten Jahrzehnte
anzuschaffen bzw. zu konsumieren. Aber Internet und Handy sind auch
ganz freiwillig zu haben und doch kommt kaum jemand daran vorbei.
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