Arbeitslos, beziehungslos, nutzlos...
Essay von Hans E. Ulrich
Robotronik
Nehmen wir zum Beispiel die Biotechnologie. Mit
ihrer Hilfe ergeben sich in der Medizinforschung immer weitreichendere
Erkenntnisse. Pluripotente Stammzellen bieten die Chance, für
jeden erdenklichen Zweck, die passenden Zellen zu erzeugen. Nicht nur
wie schon heute Hautzellen, die es erlauben, körpereigene Haut
zu züchten und als Ersatz für fehlende oder kranke
Hautflächen eingesetzt zu werden. Nein, für die
kranke Leber wie auch für das altersschwache Herz. Dabei kann
in absehbarer Zeit darauf verzichtet werden, die erkrankten oder
auszutauschenden Organe zu operieren. Gesunde Zellen ersetzen die
kranken oder alten Zellen, indem diese über einen bestimmten
Zeitraum nach der Injektion der neuen Zellen einfach abgebaut werden
(Kurzweil, S. 223). Klingt phantastisch, aber möglich, sogar
wahrscheinlich.
Viel früher, schon in einigen Jahren,
werden wir übrigens Fleisch satt haben. Steaks gibt es dann
nicht mehr beim Fleischer, der zuvor die schlachtreifen Kühe
und Schweine angekauft und zerlegt hat, sondern aus der Fleischfabrik.
Dort werden die saftigsten Steaks einfach biotechnologisch erzeugt,
ohne den kostspieligen Umweg über die Tierzucht und ohne
Abfall (Kurzweil, 224). Was das wieder für die Land- und
Viehwirtschaft bedeutet in aller Welt, kann man sich ausmalen
Roboter spielen bei uns zur Zeit noch kaum eine
Rolle, zumindest nicht im Bewusstsein der Bevölkerung, obwohl
diese bislang bereits einen großen Teil der früheren
Arbeitsplätze vernichtet haben. Mit den neueren Generationen
von sprachbegabten, interaktiven Robotern geht es auch der
Dienstleistungsbranche an den Kragen. Staubsaugen oder
Rasenmähen ist dabei schon ein alter Hut. Den Kindern einen
Gute-Nacht-Geschichte vorlesen, dem Hund das Futter reichen, aufs Haus
aufpassen, den Gartenteich bewachen oder Auto, Bus, Zug fahren bzw.
Flugzeuge lenken, Beratung und Vermittlung am Telefon, am Tisch
servieren, usf. In seinem Buch „The singularity is
near“, das sogar verfilmt werden soll, (ZEIT 30,2007)
schätzt Ray Kurzweil, dass die Robotronikbranche um 2025 herum
mindestens genauso groß ist wie die Autobranche. Microsoft
hat auch schon eine Plattform für die verschiedenen
Robotersprachen angelegt. Experten schätzen, dass die
Entwicklung der mitdenkenden Automaten derzeit auf dem
Entwicklungsstand des PC um 1980 ist.
Natürlich ist es nicht so einfach,
intelligente Maschinen zu konstruieren. Das haben die Apologeten der
künstlichen Intelligenz schon im vorigen Jahrhundert
festgestellt, als es mit dem Fortschritt in diesem Bereich nicht so
schnell voranging wie es geplant war. Zwar schaffte es Deep blue unter
dem Einsatz von 256 Prozessoren in einem legendären Match den
russischen Schachweltmeister Kasparow durch simples Rechnen zu
entthronen, aber das Leben ist nicht so schön geordnet wie ein
Schachspiel und Intelligenz ist mehr als 1+1 oder 2x2. Jeff Hawkins,
ein amerikanischer Computerwissenschaftler und Neurologe, hat in
jahrzehntelanger Arbeit zunächst einmal ein Modell der
menschlichen Intelligenz entwickelt, dass basierend auf den Erfahrungen
der Vergangenheit kontinuierliche Vorhersagen über die
zukünftige Struktur der Welt macht, in der jemand lebt. D.h.
Computer müssten auch sinnliche Erfahrungen sammeln, um
überhaupt verstehen zu können, was menschliche
Erfahrungen, Werte, Ziele bedeuten und um damit die Kommunikation mit
Menschen grundlegend zu gestalten.
Prima, vielleicht wird es wirklich noch einige
Jahrzehnte länger dauern, bis die Maschinen den
berühmten Touringtest, nach einem amerikanischen Mathematiker
benannt, bestehen, in dem sie unter Beweis stellen müssen,
dass niemand, der sich mit ihnen unterhält, erkennen kann, ob
er nun mit einer Maschine oder mit einem Menschen spricht. Aber was
passiert nun mit uns Menschen? Bleibt alles so wie es ist oder werden
wir in der aufkommenden Flut technischer Innovationen versinken?
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