Arbeitslos, beziehungslos, nutzlos...

Essay von Hans E. Ulrich


Psychische Probleme

Junges sehr nachdenkliches PaarDie durchschnittliche Lebenserwartung nimmt zwar zu, z Zt. Jedes Jahr um drei bis fünf Monate, aber die Lebensqualität nimmt ab. Zeichen dafür ist die Zunahme an psychischen Erkrankungen in der Gesellschaft. Von 1996 bis 2004 gab es zwar immer wenige berufliche Krankheitstage, aber die Zahl psychischer Erkrankungen legte um 70% zu. In den jüngeren Altersgruppen zwischen 20 und 30 sogar über 100%! (DAK 4/2005) Ängste und Depressionen sind das Ergebnis von Überforderung und Stress, aber auch von Aussichtslosigkeit, dem Gefühl der Nutzlosigkeit und des Alleinseins. Eine dramatische Entwicklung, die angesichts der aufgezeigten Entwicklungstendenzen alarmierend ist. Wir werden vermutlich eines Tages erfolgreich Krebs und Herz-Kreislauf Erkrankungen bekämpfen können, aber die Menschen werden zunehmend psychisch labiler und unglücklicher.

Was bleibt ihnen denn auch noch in einer Welt, in der sie nicht gebraucht werden? Niemand kümmert sich wirklich mehr um sie. Eltern sind entweder gestorben, selber krank und geschwächt oder wohnen weit weg, Ehegatten sind geschieden oder gar nicht erst vorhanden, Kinder entweder Fehlanzeige oder leben ihr eigenes Leben, Freunde sind schon längst nicht mehr vorhanden oder durch massenhaft Bekannte ersetzt, die allenfalls durchs Netz nach der Befindlichkeit fragen, Arbeitskollegen wegen Arbeitslosigkeit ebenfalls ausgefallen oder an persönlichem Kontakt nicht interessiert.

Was bleibt ist der Konsum, aber auch der wird sich ändern. Denn es wird nur wenige geben, die sich ihn leisten können. Wenn es in Zukunft immer weniger Arbeit gibt, wird auch immer weniger zum Leben übrigbleiben. Zwar werden die Produkte durch die Automatisierung immer preiswerter, aber kaum jemand kann sie sich trotzdem leisten. Arbeitslosengeld und vor allem die Rente, angesichts ständig steigender Lebenserwartung, wird sich in ausreichendem Maße keine Volkswirtschaft mehr leisten können. Denn man muss sich mal vorstellen, was passiert, wenn die Menschen nicht mehr nur 80 Jahre alt werden, davon vielleicht dreißig Jahre gearbeitet haben, sondern 120 oder 150 Jahre alt und in ihrem Leben kaum noch Arbeit finden.

Alle Finanzierungssysteme, auch die privaten, werden zusammenbrechen. Keine Versicherungsmathematik wird da noch gegen ankommen. Vom Ersparten leben wird kaum noch helfen, allenfalls finanziell Unabhängige, die von ihren Zinsen leben, oder die wenigen, die noch Arbeit haben, können die ungeahnten Möglichkeiten der technologischen Gesellschaft nutzen. Allen anderen bleibt nur noch übrig, ihren Lebensstandard so gering wie möglich zu halten oder sich per Suizid von dieser Welt zu verabschieden. Untersuchungen zeigen, dass die Selbstmordrate in Europa im letzten Jahrhundert über 60% angestiegen ist, insbesondere bei jungen Männern (ARTE, 2005) und bei über 75-jährigen (Buhlmahn, 2000).

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Über den Autor

Hans.E. UlrichDr. Hans E. Ulrich ist Sozialwissenschaftler sowie Gründer und Leiter eines international ausgerichteten Weiterbildungsinsituts.

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